Von der Sucht zur Passion

Hemmschwellen – jeder hat sie. Im Bezug auf illegale Drogen, wären sie bei den meisten bestimmt sehr hoch. Wären da nicht die Freunde. Oft läuft es nach dem Schema: fängt einer an zu konsumieren, machen alle irgendwann mit. So erging es auch Lukas. Er rutschte immer tiefer ab in Drogen und Kriminalität.

Ich mache mich auf den Weg zu Lukas Wohnung. Die Sonne scheint, es ist kalt. Als er die Tür öffnet, strahlt er mir entgegen. Er macht einen selbstsicheren Eindruck. Von seinem Leben erzählt er durcheinander, springt zeitlich hin und her. Geordnet von seinem früheren Leben zu erzählen, ist wahrscheinlich auch unmöglich.

Der Konsum der Anderen

Die Sucht von Lukas, der heute 21 Jahre alt ist, begann mit 14. Grund dafür waren Freunde, die konsumierten. „Es war der Gruppenzwang, eigentlich eher die Gruppendynamik. Mein ganzer Freundeskreis hat Drogen genommen und ich hab gemerkt, dass es den Leuten damit gut geht. Dadurch ist meine Hemmschwelle gesunken und ich habe es irgendwann auch ausprobiert. Weil es Spaß macht, macht man es immer weiter. Klar hatte ich auch Probleme, aber die waren nicht der Grund wieso ich angefangen habe.“

Vier Jahre war er süchtig. Von 14 bis 18. Zu Beginn war es nur Gras., dann kamen die harten Drogen dazu. Hauptsächlich Crystal Meth. „Anfangs nahm ich es nur zum feiern gehen, um lange zu tanzen und wach zu bleiben, irgendwann nur noch um meine Sucht zu stillen.“

Rutsch in die Kriminalität

Irgendwann begann er mit Drogen zu handeln. Er brachte vor allem Crystal in großen Mengen über die tschechische Grenze. „Ich hatte Geld ohne Ende durch den Drogenhandel.“ Dann saß er wegen Drogengeschäften zwei und halb Jahre im Gefängnis. „Sie hatten einen V-Mann auf mich angesetzt, bei einem Deal haben sie mich dann festgenommen.“

Seine Abhängigkeit wurde ihm erst, kurz bevor er ins Gefängnis kam, bewusst.„Irgendwann ist mir dann mein körperlicher Verfall aufgefallen, ich war abgemagert, ich war ein Wrack.“ Emotionale Probleme kamen auch dazu.

Ende der Sucht

„Am Ende meiner Sucht habe ich täglich zwei Gramm Crystal geschnupft. Ich wurde verlogen und habe nicht mehr gegessen.“ Neben Crystal und Gras ist Lukas zu dieser Zeit auch oft in die Spielothek gegangen. Ich habe nur für den Kick gespielt. Das Gefühl, wenn man gewinnt, ist schön und stillt die Sucht.“ Wie viel Geld er insgesamt verspielt hat, weiß er nicht genau. „Auf jeden Fall hätte ich mir ein Haus davon kaufen können.“

Er wurde nicht nur durch seine Haft clean. „Ich bin im Knast erwachsen geworden.“ Im Gefängnis holte Lukas auch seinen Quali und die Mittlere Reife nach. Während seiner Haft ist er jede Woche zur Suchtberatung gegangen und hat alles für eine Therapie vorbereitet. „Zwei und halb Jahre war ich weggesperrt. Jetzt bin ich seit einem Jahr in Therapie, die ist aber auch bald rum.“ Verurteilt wurde er zu 4 Jahren, kam aber früher wieder raus. „Leider habe ich jetzt einen Intensivtäter-Eintrag, weil ich unter anderem bewaffnet war.

Lukas ist seit Juni 2014 clean. Aber die Sucht spürt er immer noch. „Ich merke schon noch, dass da was ist, zum Beispiel wenn ich jemanden kiffen sehe, dann sagt was ganz hinten in meinem Kopf: Zieh auch mal!“

Auswirkungen auf heute

Mit Ausgrenzung hat Lukas bis heute zu kämpfen. „Wenn Menschen von meiner Vergangenheit erfahren, vor allem von Anderen, dann sind sie von einer auf die andere Sekunde total komisch.“ Denn viele Leute haben das typische Bild im Kopf, dass Drogensüchtige schlechte Menschen sind. „Ich wünsche mir, dass man einfach ehrlich mit mir umgeht. Wenn jemand Fragen hat, beantworte ich sie gerne.“

Aber die Sucht hat ihm auch Gutes gebracht. „Es sind auch schöne Sachen passiert. Viele gute Erfahrungen und Erinnerungen. Und meine Faszination für Uhren kam nur durch meine Drogensucht. Die Sucht hat mir meine Ziele genommen. Andererseits hat sie mir auch neue Ziele gegeben.“ Sie hat ihn zu seiner Passion geführt. „Ich habe mir total viele teure Uhren gekauft. Auf meinem Film habe ich die dann aufgemacht und war total fasziniert von der Mechanik. Die Faszination ist mir bis heute geblieben.“

Leben – jetzt!

Nächstes Jahr beginnt Lukas eine Ausbildung zum Uhrmacher. Lukas macht Drogenprävention an Schulen. Er geht in 8. Und 9. Klassen und klärt Schüler über negative Aspekte von Drogen auf. „Wenn ich in Klassen gehe, schicke ich als erstes den Lehrer raus, ich muss Klartext reden und er hat da nichts verloren.“ Lukas erzählt dann von seiner Vergangenheit und seiner Sucht und beantwortet Fragen. „Oft wollen Eltern wissen, was sie gegen die Sucht ihres Kindes tun können. Die Antwort ist immer die gleiche: NICHTS! Man kann versuchen die Denkweise zu erweitern, die Entscheidung muss dann aber von der Person selber kommen.“

Famous Last Words

„Unsere Generation mit Facebook, Whatsapp, alles hängt zusammen, wird komplizierter, der Leistungsdruck steigt. Da braucht man Ventile. Sport und Hobbys reichen eben manchmal nicht mehr aus. Auch die Verfügbarkeit der Drogen, das jeder irgendjemanden kennt, senkt die Hemmschwelle.“

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